„Es dürfen auch nur Fragen sein“ - Suchtberatung in Bornhöved
„Soll ich da wirklich hingehen? Was soll das bringen?“ „So schlimm ist es bei mir ja nun auch wieder nicht!“ „Die anderen reden mir nur was ein, um von ihren eigenen Problemen abzulenken.“
Häufig sind es solche oder ähnliche Gedanken, die jemanden beschäftigen, der überlegt, ob er sich an eine Beratungsstelle wenden soll. Dabei neigen insbesondere Betroffene, die sich von ihren Angehörigen hierzu gedrängt fühlen, zum Bagatellisieren eines möglichen Problems oder gehen sogar zum „Gegenangriff“ über, indem sie den anderen mit seinen eigenen (scheinbaren) Schwächen bloßstellen.
Dahinter stehen meist Gefühle von Scham und Gekränktsein, aber auch unklare Ängste. Wird man mir an der Beratungsstelle Vorwürfe machen? Durchleuchten die dort meine Seele und/oder reden mir einen Knall ein? Werde ich womöglich in eine Klinik eingewiesen? Umgekehrt können auch Befürchtungen bestehen wie: Reicht mein Problem überhaupt schon aus, um mich gleich an eine Suchtberatungsstelle zu wenden? Ist das nicht bloß etwas für heruntergekommene Junkies oder Trinker aus dem Park? Wird man meine kleinen Sorgen dort vielleicht sogar lächerlich finden?
Psychologin Birgit Gabriel und Pädagoge Jens Sabisch von der Suchtberatungsstelle im Familienbüro in Bornhöved haben alle diese Befürchtungen und auch Voreingenommenheiten schon gehört. Sie stellen klar: Niemand bekommt hier Vorwürfe zu hören. Aber es wird auch kein Problem als lächerlich angesehen. Herkommen darf erst einmal jeder und jede. Erwachsene wie Kinder, Jugendliche, Einzelpersonen oder Freunde, Paare oder Familien. Willkommen sind Süchtige und nicht Süchtige, Betroffene wie auch Angehörige. Manchmal sind es einfach Menschen mit Fragen – zum Beispiel zwei Schulfreundinnen, die unsicher sind, ob das gelegentliche Rauchen von Haschisch ihnen schadet, oder ein Elternpaar, das überlegt, wieviel Zeit täglich am Computer es bei seinem jugendlichen Sohn tolerieren soll.
Dabei muss es eben auch nicht immer um Probleme mit bestimmten „Stoffen“ gehen, sondern Themen können auch das exzessive Surfen im Internet, ausuferndes „Daddeln“ in Spielhallen oder eine Essstörung sein. Wer in die Suchtberatungsstelle kommt, muss auch nicht sofort ein Bekenntnis abgeben und wird auch zu nichts gezwungen. Zunächst wird ihm ein völlig unverbindliches Gespräch angeboten, in dem abgeklopft wird, was er möchte und/oder braucht und inwiefern ihm dabei der Berater oder die Beraterin behilflich sein kann. Ganz individuell - und bei Bedarf auch immer wieder neu - wird entschieden, ob er zu weiteren Gesprächen kommen wird und um was es dann gehen soll.
Ein Ziel kann zum Beispiel sein, gemeinsam besser zu verstehen, wie es zu einem riskanten Konsum oder zu einer Suchtentwicklung gekommen ist. Oder die betreffende Person wird darin unterstützt, bestimmte Fähigkeiten zu verbessern oder neue Möglichkeiten für sich zu entwickeln, zum Beispiel einen anderen Umgang mit frustrierenden Erlebnissen.
Manchmal endet eine Beratung tatsächlich auch (erst einmal) mit der Weitervermittlung in eine geeignete Klinik, dies allerdings nur mit ausdrücklicher Zustimmung der beratenen Person. Die Gespräche sind vertraulich, das heißt, es werden - außer bei akuter Gefahr - keine Informationen an andere Stellen weitergegeben, auch nicht an Eltern oder an die Polizei. Für die Besucherinnen und Besucher der Beratungsstelle sind die Gespräche kostenfrei.
Anfang 2015 übernahm der Hamburger Verein „therapiehilfe e.V.“ die Trägerschaft der Suchtberatungsstelle in Bornhöved. Seitdem ist die Beratungsstelle personell täglich von Montag bis Freitag besetzt.
Zusätzlich gibt es eine Außenstelle in Trappenkamp mit eigenen Sprechzeiten sowie einmal in der Woche eine offene Sprechstunde im Jobcenter in Bad Segeberg.
Neben der herkömmlichen Beratung werden auch Veranstaltungen zur Prävention angeboten, zum Beispiel für Schulen oder Firmen. Außerdem ist es nach einem entsprechenden Antrag möglich, in der Beratungsstelle eine so genannte ambulante Entwöhnungstherapie zu machen; diese findet in Form regelmäßiger Gruppen- und Einzelsitzungen statt und ist verbindlicher und intensiver als eine herkömmliche Beratung.
Wer in einer Klinik eine suchtspezifische Therapie durchlaufen hat, kann hier zudem im Anschluss eine ambulante Nachsorge oder eine ambulante Weiterbehandlung in Anspruch nehmen. Nach Absprache mit allen Beteiligten kann im Rahmen der Beratung auch eine enge Zusammenarbeit mit der ebenfalls im Familienbüro ansässigen Stelle für Erziehungs- und Familienberatung erfolgen. Mit dieser gibt es zudem gemeinsame Projekte: Mitarbeiter beider Beratungsstellen veranstalteten unter anderem Anfang dieses Jahres zusammen das „Medienscout“-Projekt, in dessen Rahmen Jugendliche aus der Sventana-Schule zu kompetenten Ansprechpersonen für Gleichaltrige in Bezug auf den Umgang mit neuen Medien geschult wurden.
Mit Jens Sabisch und Birgit Gabriel gibt es an der Suchtberatungsstelle in Bornhöved jeweils eine männliche und eine weibliche Fachkraft. Wer ein Beratungsgespräch möchte, kann im Familienbüro einen Termin vereinbaren oder einfach in eine der offenen Sprechstunden kommen. Ansprechpartnerin direkt im Büro ist die Verwaltungskraft Kornelia Loepert, die unter anderem auch die Termine für die Erziehungs- und Familienberatung koordiniert.
Die offene Sprechstunde in Bornhöved findet montags von 14 bis 17 Uhr statt, in Trappenkamp donnerstags von 14 bis 17 Uhr.
Kontakt:
Familienbüro Bornhöved:
Lindenstraße 5, Tel. 04323 / 80 54 47 11
Bürozeiten:
Montag und Dienstag 9.00 - 13.00 Uhr
Mittwoch und Donnerstag 14.00 -18.00 Uhr
Freitag 9.00 – 12.30 Uhr
Außenstelle in Trappenkamp:
Am Markt 9c, Tel. 04323 / 80 54 47 11 oder 0162 / 53 89 56 1